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Kronprinz Wilhelm besucht Schloß Hamborn

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Ein Bericht von Eberhard v. Selasinsky-Selasen, bearbeitet von Freiherr Andreas v. Hünefeld

Eine für Freunde des Automobilsports gewiß hochinteressante, in gewissem Sinne historisch zu nennende Autofahrt war die des Kronprinzen Wilhelm in den Tagen vom 10. bis zum 13. November 1923.
Des Kronprinzen Heimkehr wurde natürlich lange vorher geplant und bis in alle Einzelheiten vorbereitet. Der Verdienst hieran gebührte seinem treusten Freunde und nächsten Berater Major v. Müldner, dessen Selbstaufopferung und Liebe für seinen Herrn seinesgleichen sucht.
Als Leitstern schwebte über allen Vorbereitungen und Plänen der Gedanke: „Nichts Illegales sollte und durfte geschehen, die Heimkehr sollte nicht vorbelastet werden.“
Das war im besonderen des Kronprinzen Wunsch, der alles vermeiden wollte, was seinem armen, geprüften Vaterlande durch seine Rückkehr als deutscher Bürger innen- oder außenpolitisch neue Schwierigkeiten bereiten könne. Das dennoch schließlich die Rückkehr mit einem innenpolitischen Ereignis zusammenfiel, war ein tückischer Zufall, der allen Beteiligten höchst unerwünscht war.
Nachdem die holländischen und Deutschen maßgebenden Stellen ihr Einverständnis zur Aus- bzw. Einreise nach langen Verhandlungen erteilt hatten, stand im November 1923 der Ausführung des Planes nichts mehr im Wege. So trafen die Eingeweihten in der Heimat, unter Ihnen Major a.D. Eberhard v. Selasinsky, die verabredeten Telegramme, so daß am 10. Nov. der lang erhoffte Tag eintreten sollte.
Nach fünfjährigem Ausharren auf dem öden Eiland Wieringen sollte dem Kronprinzen nun endlich die Stunde der Rückkehr nach Deutschland schlagen.
Major v. Selasinsky, Organisator dieser Fahrt schrieb damals: „ Beiden Regierungen gebührt für Ihre entgegenkommende, verständnisvolle Haltung Dank; der holländischen insbesondere, daß sie sich durch unberechtigte Einsprüche, Vorhaltungen der Entente, besonders Frankreichs nicht beeinflussen ließ und den geraden Weg des Rechts beibehielt.“
Unter dem Druck einer immerhin im letzten Augenblick noch möglichen Beeinflussung durch Frankreich, die bei der Ausführung des Planes in Rechnung gestellt werden mußte, stand daher auch der erste Teil der Fahrt – es war dies die holländische Strecke von Ewiksluis – dem der Insel Wieringen gegenüber gelagerten Festlandort an der Nordspitze der nordholländischen Halbinsel, bis zur deutsch-holländischen Grenze, die mit besonderer Schnelligkeit gefahren werden mußte. Diese Strecke wurde vom Generalvertreter der Dürkopp-Automobil-Werke in Holland Herrn Stuhr als Fahrer gefahren.
Der Wagen, der zur Fahrt benutzt wurde, war ein eben dem Kronprinzen gelieferter, in Form, Ausmaßen, Ausführung gleich vornehm wirkender Sechs-Zylinder 12/45 Dürkopp neuesten Typs. Die Ausführung der Karosserie in naturfarbenem Mahagoni, an den Türen ein vornehmes, kleines, schwarz eingelegtes Monogramm, die Kühlerhaube dunkelkarmoisin lackiert, in gleicher Farbe waren Polsterung und sonstige lackierten Teile gehalten. Die reichliche Verwendung vorzüglicher Vernickelungsarbeit am Kühler, den Rädern usw. wirkte schön und vornehm. Einem Wagen gleichen Typs war kurz vorher bei einer Schönheitskonkurrenz auf dem Amsterdamer Autosalon ein erster Preis zuerkannt worden.
Die Fahrt wurde am 10. November in aller Herrgottsfrühe angetreten. Nachdem der Kronprinz gegen 4 Uhr morgens in aller Stille die Insel Wieringen mit einem Motorboot verlassen hatte, begann die Fahrt gegen 6 Uhr in Ewiksluis, und zwar nur in Begleitung des langjährigen Freundes und Gefährten Major a.D. v. Müldner und des Wieringer Bürgermeisters, der sich eine Begleitung nicht nehmen lassen wollte.
Dem Reisewagen folgte unmittelbar, gesteuert von einem bewährten Dürkoppmann bzw. Stuhrschen Chauffeur, der schon auf der Insel Wieringen im Besitz gewesene 8/30er Vierzylinder, ein damals bekannter kleiner Sportwagen der Firma Dürkopp, auf dem das geringe Handgepäck der beiden Herren verstaut war und der den treuen Diener Wölk aufnahm.
Die Fahrt durch Holland wurde „mit dem Teufel im Nacken“, wie Müldner sich scherzhaft ausdrückte, so im 100 km/h Tempo zurückgelegt und trotz einer Frühstückspause bei holländischen Freunden erreichte man bereits kurz nach 12 Uhr die Grenze bei Bentheim.
Das Zollhaus, das still und träumerisch am Waldrande liegt, beherbergt den den Grenzdienst versehenden Beamten und seine Amtsstube. In ihr ein Kommen und Gehen der Grenzpassanten von beiden Seiten; des holländischen Markttages in Oldenzaal wegen herrschte ein etwas lebhafter Grenzverkehr als gewöhnlich.
Hier erwartete Kommerzienrat Bödiker aus Hamburg sowie Major a.D. Eberhard v. Selasinsky aus Paderborn die heimkehrenden Herrn.
Den beiden Herrn ist der rege Grenzverkehr teilweise angenehm, denn es konnte sich bei dem regeren Verkehr der Übergang möglicherweise um so unauffälliger vollziehen, teilweise aber auch nicht so recht, weil sich bei dem Übergang doch vielleicht Neugierige sammeln könnten, die dann vorschnell den „Draht spielen ließen“. Und das lag gar nicht im Sinne des heimkehrenden Freundes, der alles vermieden wissen wollte, was nur irgendwie geeignet war „Aufsehen“ zu erregen.
Selasinsky schreibt: „Die Grenzbeamten sind ahnungslos. Wir warten, es ist 11 Uhr, die verabredete Stunde. Kein Auto von Holland her in Sicht. Ich gehe in das Niemandsland hinüber zum holländischen Grenzposten, versuche mich zu unterhalten. Auch er weiß von nichts. Es wird 12°°, ½ 1, kein Auto in Sicht. Etwas ungeduldig wandere ich zurück, wieder durch das Niemandsland. Da plötzlich, lautlos, wie aus der Erde gezaubert steht ein prächtiger neuer großer Tourenwagen neben mir, ich vernehme die freudig bewegte Stimme des Heimkehrers, meines lieben Müldner: `Hallo – Sela – da sind wir und, Gott sei Dank, Ihre lange Gestalt ist auch da`. Will es mir jemand verdenken, wenn ich den Augenblick herzbewegend nenne? Ja, es war herzbewegend, diesen Augenblick erleben zu dürfen, als erster Deutscher dem Erben der einst so mächtigen deutschen Kaiserkrone bei der Rückkehr in das Land seines menschlichen Sehnens und Hoffenswährend der fünf langen Jahre selbstgewählter Verbannung die Hand drücken zu können.“
Schnell ging es zur deutschen Zollstelle, wo natürlich das Staunen groß war, d. h. das Staunen der wenigen Beamten; denn sonst war auf deutscher Seite niemand da als ein paar Handwerksburschen, die gerade nach Holland walzten. So vollzog sich der Übergang schlicht und schmucklos, wie es die Wesensart des heimkehrenden Kronprinzen entsprach.
In Kürze waren alle Formalitäten erledigt, der Paß geprüft, das Auto versteuert, gegen 1 Uhr Mittags setzten wir die Fahrt fort. Ein Holländischer Begleitoffizier hatte mit Major v. Selasinsky den Platz gewechselt und war an der Grenze zurückgeblieben.
Ab der Grenze übernahm Major v. Selasinsky die Führung des Wagens nach der Karte, da Herr Stuhr, als Holländer, die deutschen Strecken nicht sonderlich kannte. Zumal man nicht nur darauf bedacht war den Kronprinzen schnell und sicher, sondern auch im großen und ganzen unerkannt und ohne jedwedes Aufsehen an sein Ziel zu bringen.
Aufenthalte zum erfragen von Wegrichtungen und Umkehren an „vorbeigerasten“ Ecken waren nach Möglichkeit zu vermeiden. So war es erforderlich gewesen, die ganze Fahrt eingehend vorzubereiten, die sich dann auch glücklicherweise mit der Genauigkeit eines „Mobilmachungsplanes“ abgespielt hat. Auf der gesamten Strecke, die fast 2.000 km betrug wurde nicht ein einziges Mal verfahren, selbst nicht an dem für eine solche Autotour meteorologisch höchst ungünstigen 12. November.
Herr Bödiker war mit einer großen Opel-Limousine erschienen, um für den Fall der Not auch einen geschlossenen starken Wagen zur Hand zu haben. Die Begleitung dieses Wagens schied aber nach Erreichen der ersten Tagesetappe wieder aus, einmal, weil kein „Fall der Not“ vorlag, zum anderen, weil dieser schwere Wagen doch auf die Dauer nicht imstande gewesen wäre, dem stolzen Reisewagen des Kronprinzen zu folgen, der auch auf deutschem Boden vom Generalvertreter Stuhr meist noch so gefahren wurde, als ob der Teufel noch immer im Nacken säße.
Kurz nach der Grenze, nachdem Bentheim selbst durchfahren wurde, meldete sich der Magen. Weit und breit in dem Niederungsgebiet keine Menschenseele. Ein kleiner Wald lädt zur Rast ein. Der holländische Frühstückskorb wird hervor geholt. Mit einem Becher Portwein stoßen Alle an „Glückauf in der Heimat“. Die holländischen Butterbrote – reines Weißbrot – munden allen prächtig. Die Herrn haben volles Verständnis für die sehnsuchtsvollen Blicke eines auf der Landstraße vorbeitrollenden Wanderers. Der Kronprinz läßt ihm einige Brote bringen. Aber das war dem Unbekannten nicht genug, er drehte um und bat um etwas Geld. In guten Holl. Gulden wurde es ihm gewährt. Er empfahl sich dankend, ohne seinen Gönner zu erkennen. Die Frage, woher er des Weges käme, wurde unverfälscht sächsisch beantwortet: ...Geradewegs aus Sachsen. Unerkannt durchfuhr man die weiteren Orte, nur in einem Dorfe kurz vor Münster hatten die Reisenden das Gefühl, als ob der vor seiner Schule mit seinen Zöglingen stehende Lehrer den vorn beim Fahrer sitzenden Herrn als den Kronprinzen im letzten Augenblick erkannt hatte und dies seinen Kindern sagte.
Als erstes Tagesziel war das idyllisch im Wald versteckt gelegene Schloß Hamborn der Freiherrn v. Rüxleben, nahe Paderborn in Aussicht genommen worden, welches gegen ½ 5 Uhr nachmittags, nach einer fast 12 stündigen Fahrt über Burgsteinfurth und Münster erreicht wurde. In Hamborn fand der Autokorso gastliche Aufnahme und der erste gemütliche Abend auf deutschem Boden, nach 5 jähriger, mit der Kriegszeit fast 9 jähriger Abwesenheit von der Heimat wird wohl dem Kronprinzen, sowohl allen die an der Fahrt oder jenem Abend teilgenommen haben, für immer unvergeßlich gewesen sein.
Der 11. November war ein halber Ruhetag, erst nach dem Mittagstisch fuhr die Gesellschaft weiter, nachdem die beiden von Holland kommenden Wagen noch einmal, unter der Aufsicht des Generaldirektors der Dürkoppwerke genau nachgesehen wurden. Herr Moellenberg ließ es sich nicht nehmen von Bielefeld herüber zu kommen um „seinen“ Wagen persönlich zu begrüßen und er hatte auch „für alle Fälle“ einen weiteren Begleitwagen, ebenfalls einen 8/30er Sportwagen, mitgebracht. Dieser Ersatzwagen wurde von einem in Herford wohnenden Neffen des Gründers der Dürkopp-Werke gefahren. Außerdem stieß in Hamborn ein weiterer Freund, der Major a.D. v. Schütz hinzu, der am 11. und 12. November an der Fahrt teilnahm und am 12. Nov., dem Nebeltage, vortrefflich führte...

 

Die ganze Reisebeschreibung können Sie hier nachlesen:
(http://www.huenefeld.org/Kronprinz_Wilhelm/kronprinz_wilhelm.html)

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