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Reformation, Dreißigjähriger Krieg und die Pest

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Seit 1520 wird auch die Paderborner Umgebung nachhaltig von der reformatorischen Bewegung erfasst. Heftige und zum Teil gewalttätige Auseinadersetzungen zwischen den Stadtbewohnern und dem Bischof, der auch gleichzeitig Landesherr ist, prägen etliche Jahre das Leben nicht nur in der Stadt. Der Krieg in den Niederlanden hat ebenfalls seine Auswirkungen bis ins Paderborner Land hinein: 1591 bedrohen umherstreifende niederländische Truppen das Hochstift. 1598/99 führt der spanische Oberkommandierende Francisco de Mendoza seine über 20.000 Mann starke Armee über den Rhein und bezieht Winterquartier bis ins Paderborner Land hinein. Verschiedentlich sind Greueltaten undisziplinierter Soldaten überliefert. Kaiser Rudolf II verhängt daraufhin die Acht über die Spanier, die 1599 die Gegend räumen. Sie behielten aber einige linksrheinische Gebiete weiterhin besetzt, von denen aus sie wiederholt in Streifzügen bis ins Paderbornische vorstießen. Auch niederländische berittene Streifscharen tauchen nach 1598 immer wieder im Umland Paderborns auf, verüben Überfälle, rauben Vieh und Getreide, entführen Menschen und erpressen Lösegeld. In Paderborn wird die Stadtmauer renoviert und neu befestigt.
1599 rückt Moritz von Hessen-Kassel nach Paderborn ein und wird in den nächsten Jahren Schutzherr der Protestanten.
Gipfel der Paderborner Streitereien um Glaubens- aber auch Rechts- und Steuerfragen ist 1603 die Wahl des Protestanten Borius Wichart zum Bürgermeister. 1604 spitzt sich die Lage zu: das Domkapitel flüchtet aus der Stadt. Unter Führung des Grafen von Rietberg, der spanische Söldner aus dem niederländischen Krieg anwirbt, belagert und erobert Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg Paderborn. Bürgermeister Wichart wird hingerichtet und gevierteilt. Sein Kopf wird am Westerntor aufgehängt, sein übriger Körper an den anderen vier Toren verteilt. Er hängt dort, bis 1622 Christian von Braunschweig die Stadt erobert und den Bürgern erlaubt, die kläglichen Reste ihres streitbaren Bürgermeisters zu entfernen.
1606 bricht in Paderborn die Pest aus und wütet bis 1607.
Wie sehr die Bevölkerung in dieser Zeit unter den Umständen zu leiden hatte, wird wohl deutlich am Beispiel des Massaker spanischer Meuterer an Delbrücker Bauern im Jahr 1604. Es wurde fast jeder fünfte Bewohner in der Delbrücker Bauernschaft getötet.
Der Dreißigjährige Krieg erreicht 1621 auch die Hamborner Gegend. 1622 eroberte Christian von Braunschweig “der tolle Christian” Paderborn und Umgebung. Im sogenannten Schwedischen Krieg hielten die Schweden mit hessischen Truppen Paderborn und sein Bistum ab 1633 besetzt. In dieser Zeit wird 1633/34 auch ein Hamborner von hessischen Truppen getötet. 1636 kommt die Pest auch nach Borchen. Alleine in Kirchborchen sterben 197 Menschen, in Hamborn 2. In der Folgezeit ist die Paderborner Gegend immer heftig umkämpft, 1646 wird der Opferstock in der Kapelle Hillige Seele von schwedischen Truppen geplündert.

Kaum vorstellbar das Leid der Menschen in dieser Zeit. Grimmelshausen berichtet in seinem Schelmenroman “Simplizissimus” aus dieser Zeit in Form eines Schelmenroman - vielleicht seine Art mit den Erfahrungen des Krieges umzugehen.

„...und als eine schwedische Eskadron auf die unserige traf, waren wir sowohl als die Fechtenden selbst in Todsgefahr, denn in einem Augenblick flog die Luft so häufig voller singender Kugeln über uns her, daß es das Ansehen hatte, als ob die Salve uns zu Gefallen gegeben worden wäre, davon duckten sich die Furchtsamen, als ob sie sich in sich selbst hätten verbergen wollen; diejenigen aber, so Courage hatten und mehr bei dergleichen Scherz gewesen, ließen solche ohnverblichen über sich hinstreichen. Im Treffen selbst aber suchte ein jeder seinem Tod mit Niedermachung des Nächsten, der ihm aufstieß, vorzukommen, das greuliche Schießen, das Geklapper der Harnisch, das Krachen der Piken und das Geschrei beides der Verwundten und Angreifenden machten neben den Trompeten, Trommeln und Pfeifen ein erschreckliche Musik! da sah man nichts als einen dicken Rauch und Staub, welcher schien, als wollte er die Abscheulichkeit der Verwundten und Toten bedecken, in demselbigen hörete man ein jämmerliches Weheklagen der Sterbenden und ein lustiges Geschrei derjenigen, die noch voller Mut staken, die Pferd selbst hatten das Ansehen, als wenn sie zu Verteidigung ihrer Herrn je länger je frischer würden, so hitzig erzeugten sie sich in dieser Schuldigkeit, welche sie zu leisten genötiget waren, deren sah man etliche unter ihren Herrn tot daniederfallen, voller Wunden, welche sie unverschuldter Weis zu Vergeltung ihrer getreuen Dienste empfangen hatten; andere fielen um gleicher Ursach willen auf ihre Reuter und hatten also in ihrem Tod die Ehr, daß sie von denjenigen getragen wurden, welche sie in währendem Leben tragen müssen; wiederum andere, nachdem sie ihrer herzhaften Last, die sie kommandiert hatte, entladen worden, verließen die Menschen in ihrer Wut und Raserei, rissen aus und suchten im weiten Feld ihr erste Freiheit: Die Erde, deren Gewohnheit ist, die Toten zu bedecken, war damals an selbigem Ort selbst mit Toten überstreut, welche auf unterschiedliche Manier gezeichnet waren, Köpf lagen dorten, welche ihre natürlichen Herren verloren hatten, und hingegen Leiber, die ihrer Köpf mangleten; etliche hatten grausam- und jämmerlicher Weis das Ingeweid heraus, und andern war der Kopf zerschmettert und das Hirn zerspritzt; da sah man, wie die entseelten Leiber ihres eigenen Geblüts beraubet und hingegen die lebendigen mit fremdem Blut beflossen waren, da lagen abgeschossene Arm, an welchen sich die Finger noch regten, gleichsam als ob sie wieder mit in das Gedräng wollten, hingegen rissen Kerles aus, die noch keinen Tropfen Blut vergossen hatten, dort lagen abgelöste Schenkel, welche ob sie wohl der Bürde ihres Körpers entladen, dennoch viel schwerer worden waren als sie zuvor gewesen; da sah man zerstümmelte Soldaten um Beförderung ihres Tods, hingegen andere um Quartier und Verschonung ihres Lebens bitten. Summa Summarum, da war nichts anders als ein elender jämmerlicher Anblick! Die schwedischen Sieger trieben unsere Überwundenen von der Stell, darauf sie so unglücklich gefochten, nachdem sie solche zuvor zertrennt hatten, sie mit ihrer schnellen Verfolgung vollends zerstreuend.“

Mit dem westfälischen Frieden von Münster kehrt eine Weile Ruhe ein in die leidgeplagte Gegend.

Die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges haben aber auch Konsequenzen für die Geschichtsschreibung. Denn in den Bränden und Plünderungen sind viele Urkunden, Dokumente und Unterlagen unwiederbringlich verloren. So kann auch für die Hamborner Höfe erst nach dieser Zeit Genaueres gesagt werden.

 

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