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Das Ahlener Programm

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Der Ahlener Programmentwurf ist nicht greifbar, weil es schriftlich nicht überliefert ist, aber aus den Beschlüssen in Münster kann man ersehen, welche Richtung das Ahlener Programm der Zentrumspartei 1870 hatte.
Besonders interessant ist der Artikel 7:
"Grundbesitz - Arbeit - Kapital, diese materiellen Träger der bürgerlichen Gesellschaft, bedürfen des Gleichgewichtes. Wenn gestern zum Nachteil des Ganzen das unbewegliche Vermögen und die konservativen Tendenzen so überwogen, daß die Gesellschaft in Stagnation geriet, so haben schon heute das unerwartet mächtige Anwachsen des Kapitals und das Prinzip der Bewegung der Gesellschaft ein Fieber zugezogen, welches nicht weichen wird, bevor das richtige Ebenmaß wiedergewonnen ist. Dazu gehört aber nicht bloß die Ausgleichung der Interessen von Kapital und Grundbesitz einerseits und der Arbeit andererseits. In letzter Beziehung bilden der Schutz und die Förderung eines kräftigen Mittelstandes in Land und Stadt einen wesentlichen Gesichtspunkt. Die naturwüchsige Vereinigung und Durchdringung von Grundbesitz, Kapital und Arbeit findet sich in einem selbständigen Bauern- und Bürgerstande. Dort, in einem kernigen Mittelstande, liegt auch seit Anbeginn deutscher Geschichte der eigentliche Schwerpunkt der Nation. Denselben unter den Gefahren, welche das Lehrsystem der Ökonomisten, der Industrialismus, die volle Gewerbefreiheit und die Macht des Kapitals ihm bereiten, ungeschwächt zu erhalten - das ist gleichsam eine nationale wie soziale Aufgabe.
Der andere Teil der "sozialen Frage" betrifft die Lage des eigentlichen Arbeiterstandes. Die Arbeitslöhne sind gestiegen, und der Arbeiter lebt im allgemeinen besser. Dennoch hat er Grund zum Mißbehagen. Vielerorts greifen die Arbeitsverhältnisse zersetzend in das Familienleben ein. In den meisten Zweigen des großen industriellen, namentlich Fabrik-Betriebes ist die wirtschaftliche Existenz der Arbeiter oft kaum von heute bis morgen, und selbst bei Vorhandensein von Kranken- und Unterstützungs-Kassen selten in wirklich genügendem Maße und auf genügende Zeitdauer gesichert. Im Suchen und Finden des gerechtesten Maßstabes für die Beteiligung von Kapital und Arbeit an dem, was im Zusammenwirken beider erzeugt und erworben wird, ist bisher aber vollends wenig geleistet.
Schließlich liegen die rechten Mittel zur Hebung der sozialen Mängel und Mißstände nicht ausschließlich auf dem Gebiete staatlicher Einwirkung und Gesetzgebung. Die Hilfe wird zum guten, vielleicht besten Teile auf dem Gebiete der volkswirtschaftlichen Arbeit, der Sitte und der Leistungen christlicher Nächstenliebe gefunden werden müssen. Eins aber darf und muß von der Regierung unbedingt gefordert werden: daß sie allen, den gesetzlichen Boden nicht verlassenden Bemühungen zur Lösung der sozialen Aufgabe freien Lauf läßt, daß sie insbesondere den in kirchlichem Boden wurzelnden Bestrebungen zur Heilung der sozialen und sittlichen Schäden unserer Zeit mit Vertrauen begegnet, und daß auch im Wege der Gesetzgebung auf die Beseitigung solcher Übelstände Bedacht genommen wird, welche den Arbeiterstand mit moralischem und körperlichem Ruin bedrohen. Keine der Parteien, welche auf dem Landtage und Reichstage sich durch Fraktionen bemerkbar gemacht haben, ist Trägerin der Gesamtheit vorstehend skizzierter Anschauungen und Bestrebungen. Daher die Notwendigkeit, daß die Gesinnungsgenossen sich sammeln, daß sie als Wähler ihre Kraft und Tätigkeit für die Wahl von tüchtigen und zuverlässigen Vertretern einsetzen, und daß unsere Abgeordneten durch Vereinigung stark werden, auf daß sie unseren Anschauungen nicht bloß einen eigentlichen Ausdruck zu geben, sondern denselben auch im Staatsleben wirkliche Geltung zu verschaffen vermögen."

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