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Die Geschichte der Schule

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von Gerhard Möllmann

Innerhalb des Bundes der Waldorfschulen stellt jede Schule eine eigene Individualität dar. Sie ist dabei stark von den örtlichen Gegebenheiten und dem Kreis der Persönlichkeiten, der an der Schule tätig ist, geprägt, denn es müssen ja immer die Initiativen und die Taten mehrerer Menschen zusammenfließen, wenn eine neue Waldorfschule werden soll. Wohl gibt es heute nach über 70 Gründungen in der Bundesrepublik recht genaue Vorstellungen davon, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn ein weiteres „Schulkind“ in den Reigen der anderen Schulen aufgenommen sein will. Doch 1945 war das anders. Unter dem Ansturm eines ganzen Weltkreises ging die Dämonie des Dritten Reiches zu Ende. Die durch den Krieg auseinandergerissenen Familien, Freundes- und Arbeitskreise bemühten sich, soweit man überlebt hatte, wieder zusammenzufinden.
Schloß Hamborn war damals ein Ort, in dem sich nicht nur ehemalige Mitarbeiter mit ihren Familien einfanden, sondern auch manche Freunde, die vorher an anderen Orten tätig gewesen waren.
Für alle diese Menschen galt es nun, die einmal gefaßte Lebensaufgabe - mitzuhelfen, die von Rudolf Steiner gegebenen vielen Anregungen zu verwirklichen -auf‘s Neue zu ergreifen.
In den Familien waren Kinder herangewachsen, die zur Schule gehen mußten. Die zerbombten Städte waren für viele Kinder keine Heimat mehr. Ihre Eltern und Betreuer suchten für sie nach einem Ort der Geborgenheit.
Lag da nicht der Gedanke nahe, in Schloß Hamborn in den Räumen des ehemaligen heilpädagogischen Instituts, dessen Arbeit 1941 durch Verbot beendet war, eine Waldorfschule mit Internat zu eröffnen? Am Lauensteintag, dem 18. 6. 1946, begann die erste noch kleine Klasse mit dem Unterricht. Durch die Einsatz- und Opferbereitschaft von Mitarbeitern, Freunden und Eltern entstand aus den zunächst einfachen und oft noch provisorischen Einrichtungen nach und nach eine ganze „Pädagogische Provinz“. Der Entschluß zeigte seine Fruchtbarkeit: Die Schule wuchs.
Doch auch die Aufgabenstellung änderte sich im Lauf der Zeit. Heute hat die Schule 450 Schüler. Davon wohnt die Hälfte im Heim. Den andern Teil bilden Mitarbeiterkinder und Schüler aus der Umgebung Paderborns.
Vor einigen Jahren wurden die Anfragen aus diesem Raume immer drängender, aus denen eine Aufgabe erwuchs, der man sich nicht verschließen konnte und wollte: Parallel zu den sogenannten Großklassen (35-40 Schüler) werden Kleinklassen (15 Schüler) geführt, um einer sich immer dringlicher zeigenden Notwendigkeit nachzukommen, einem von Jahr zu Jahr größer werdenden Kreis von Schulkindern durch intensive Betreuung und therapeutische Förderung zu helfen, schon entstandene Schwierigkeiten und Schäden zu überwinden.
Eine weitere Aufgabe verlangte eine Antwort: Was will Schloß Hamborn mit seinen Feldern und Weiden und seinem Wald als Erdenort den hier heranwachsenden Waldorfschülern noch als Besonderheit für ihren Lebensweg mitgeben?
Manches wurde versucht. Die letzte Antwort auf diese Frage fand ihre Form in dem „Schülerhof“. Epochenweise wechselnd ist jeweils die Hälfte der 9. Klassen. d. h. rund 25 Schüler. an vier Nachmittagen in der Woche hier tätig, um nicht nur — in Weiterführung des Gartenbauunterrichts, der in der 6. ‚7. und 8. Klasse erteilt wird — zu lernen und zu erkennen, wie der Mensch durch seine Arbeit der Erde und seiner Mitwelt dient, sondern auch, um unmittelbar in diesem Tätigsein mit Pflanze und Tier den Jahreslauf wach und bewußt mit zu leben.
Für die Schüler vom 14. Lebensjahr an ergeben sich damit — trotz der gegenseitigen Durchdringung — folgende Schwerpunkte für die Nachmittagsepochen. d. h.. für den Einsatz in der Schule neben dem Haupt-und Fachunterricht.
 9. Klasse Der Mensch ergreift die Erde. Pflege des Ackers, der Pflanzen und der Tiere.
10. Klasse Verarbeitung der Gaben der Erde: Durch eigenes Tun Kennenlernen der verschiedenen Handwerke.
11. Klasse Verständnis der vom Menschen geschaffenen Umwelt. Kennenlernen der modernen technischen Errungenschaften.
12. Klasse Beteiligung im Künstlerischen und in dem selbstgewählten Themenkreis der individuellen Jahresarbeit.
Der Aufbau einer Waldorfschule ist nie zu Ende. Das Leben erfordert eine dauernde Geistesgegenwart.
Auch die Rudolf-Steiner-Schule Schloß Hamborn steht immer wieder vor der Aufgabe, den sich stets wandelnden Forderungen der Gegenwart zu entsprechen.
Ein mutiges Weiterschreiten in die Zukunft, zusammen mit dem Vertrauen, den richtigen Weg zu gehen. gewährleisten immer nur:
—  das Bemühen jedes Einzelnen um geisteswissen­schaftliche Erkenntnis, verbunden mit der dauern­den Ãœbung. diese Erkenntnis Tat werden zu lassen,
—  die Zusammenarbeit des Kollegiums, in der die Kenntnisse und Fähigkeiten jedes einzelnen in gegenseitige Hilfe, aber auch in gemeinsame Gestaltung und Formung zusammenfließen
—  und ein immer stärker werdender, mitsorgender und mittragender Elternkreis. der auch bereit ist, über die eigene Schule hinaus die Waldorfpädagogik in der Öffentlichkeit zu vertreten.

 

(aus: 50 Jahre Schloß Hamborn, Festschrift)

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